Verschlechterung des ICE-Angebotes am Bahnhof Siegburg/Bonn

Sehr geehrter Herr Steiner,

 

die Fraktionen von CDU, GRÜNEN, SPD und FDP haben sich zur Verschlechterung des ICE-Angebotes am Bahnhof Siegburg/Bonn brieflich an den Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Bahn AG gewandt und stellen in diesem Kontext folgenden Antrag:

 

Der Planungs- und Verkehrsausschuss des Rhein-Sieg-Kreises unterstützt die Initiative der antragstellenden Fraktionen und bekräftigt die dort erhobenen Forderungen ausdrücklich.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

gez.

Dr. Torsten Bieber           Horst Becker                     Denis Waldästl       Christian Koch

Oliver Krauß                      Michael Schroerlücke    Dietmar Tendler    Dr. Friedrich-Wilhelm Kuhlmann

 

 

Anlage:

 

Schreiben der Fraktionen von CDU, GRÜNEN, SPD und FDP

 

 

 

  1.                                                                                              d. R. Hans Schwanitz

 

 

 

 

 

 

An den

Vorstandsvorsitzenden der

Deutsche Bahn AG

Herrn Dr. Richard Lutz                                                                                                                 04.11.2022

 

 

 

Erneute Verschlechterung des ICE-Angebotes am Bahnhof Siegburg/Bonn

 

 

Sehr geehrter Herr Dr. Lutz,

 

unter dem Schlagwort „der nächste Schritt zum Deutschlandtakt“ hat die DB AG im Oktober den kommenden Fahrplan ab dem 11.12.2022 veröffentlicht. „Auch mit diesem Fahrplan investieren wir im Fernverkehr weiter konsequent in neue Fahrzeuge und attraktive Verbindungen“, so die Aussage des Konzernbevollmächtigten der DB für das Land NRW, Herrn Lübberink, in einem an uns gerichteten Schreiben vom 19.10.2022 zum zukünftigen ICE-Angebot am Bahnhof Siegburg/Bonn.

 

Wir stellen hiermit fest, dass diese Aussagen nicht der Realität entsprechen, sondern dass das ICE-Angebot am Bahnhof Siegburg/Bonn ab Dezember vielmehr erheblich verschlechtert wird. Insbesondere können wir nicht erkennen, dass der neue Fahrplan „ein Schritt zum Deutschlandtakt“ sein soll. Stattdessen werden in Siegburg wie bereits in den Vorjahren erneut genau solche Verbindungen gestrichen, die dem Zielnetz des Deutschlandtaktes entsprechen.

 

Die seit einigen Jahren festzustellende schleichende Verschlechterung des ICE-Angebotes in Siegburg möchten wir Ihnen anhand einiger Beispiele verdeutlichen:

–              Seit Eröffnung der Neubaustrecke Köln – Rhein/Main im Jahre 2002 stellten die beiden ICE-Linien 42/43 ein stündliches und von den Fahrgästen intensiv genutztes Grundangebot von Köln über Frankfurt Flughafen nach Mannheim her. In Mannheim waren die beiden Linien in den dortigen Taktknoten eingebunden und verkehrten immer abwechselnd weiter von/nach Basel bzw. Stuttgart/München, mit bahnsteiggleicher Korrespondenz zum jeweils anderen Ziel. Ab Ende 2018 gab es zunächst einzelne Taktlücken, Ende 2019 erfolgte eine Ausdünnung zu einem Zweistundentakt und Ende 2022 wird das Angebot nun mit Ausnahme einzelner Züge komplett eingestellt. Siegburg verliert damit seine stündliche Anbindung an große Teile Süddeutschlands und der Schweiz. Hintergrund ist nicht etwa eine Beschleunigung der o.g. Linien, sondern deren Umstellung von ICE 3 auf ICE 4 mit geringerer Höchstgeschwindigkeit.

–              Stattdessen neu eingerichtete Halte der ICE-Linie 47 nach Stuttgart/München können die Linien 42/43 nicht kompensieren, da die Linie 47 den Taktknoten in Mannheim um wenige Minuten verfehlt und sie zudem nur lückenhaft verkehrt (maximal alle zwei Stunden, in Siegburg je Richtung 4- bzw. 6-stündige Taktlücke).

–              In der Konsequenz verlängern sich z.B. Fahrten nach Karlsruhe/Basel ab Dezember um knapp eine Stunde.

–              Das bislang in Nordrichtung fast stündliche Angebot der ICE-Linie 41 von München nach Düsseldorf/Essen wird im Dezember auf unsystematische Halte einzelner Züge reduziert, nachdem in den Vorjahren schon weitere über Köln hinausfahrende Züge gestrichen worden sind. Ausgerechnet im nachmittäglichen Berufsverkehr fährt ab Dezember vier Stunden lang kein einziger ICE mehr nach Düsseldorf und ins Ruhrgebiet.

–              In Südrichtung werden nahezu alle Halte der ICE-Linie 41 gestrichen, womit Siegburg seine Direktverbindungen nach Würzburg und Nürnberg verliert.

–              Im morgendlichen Berufsverkehr fährt ab Dezember zwischen 6:15 und 7:25 Uhr kein einziger Zug mehr in Richtung Frankfurt. Insbesondere wird die für Pendler elementare Verbindung um 7:09 Uhr gestrichen.

–              In Südrichtung war zur Eröffnung der Neubaustrecke mit 1,5 Zügen pro Stunde im angenäherten 30‘/60‘-Takt gestartet worden; dieses Angebot wurde dann in den Folgejahren auf nahezu durchgängig zwei Züge pro Stunde hochgefahren. Abgesehen davon, dass im neuen Fahrplan ICE mit Zielbahnhof Frankfurt Hbf teilweise im Doppelpack um 15 Minuten versetzt hintereinander herfahren, verkehrt in Südrichtung nun ab Dezember überwiegend nur noch ein ICE pro Stunde. Dies ist das schlechteste jemals vorhandene ICE-Angebot in Siegburg.

–              In Nordrichtung wird im Dezember ein unstrukturierter Fahrplan im ca. 30‘/70‘/20‘-„Takt“ eingerichtet, d.h. mit Bedienungslücken von über einer Stunde. Auch dies ist das schlechteste Angebot in Siegburg seit Eröffnung der Neubaustrecke.

–              Ein merkbarer Taktverkehr ist inzwischen nicht mehr vorhanden.

 

Parallel dazu wurde in den vergangenen Jahren im Übrigen auch das Fernverkehrsangebot am Bahnhof Bonn Hbf spürbar verschlechtert. Im Dezember verliert Bonn fast alle Direktverbindungen nach Hamburg (vorher jahrzehntelang im Stundentakt), da die entsprechenden Züge neu über die Schnellfahrstrecke geleitet werden – ohne kompensierenden Halt in Siegburg.

 

Wir nehmen mit großem Unmut zur Kenntnis, dass die genannten Verschlechterungen sowohl den Pendlerverkehr als auch langlaufende Direktverbindungen treffen, also beide Kernzielgruppen am Bahnhof Siegburg/Bonn. Ein in der Vergangenheit gut funktionierendes und von den Fahrgästen intensiv genutztes Angebot wird sukzessive zerstört, ohne dass praktikabel nutzbare Alternativen geschaffen werden. Der Hinweis Ihres Konzernbevollmächtigten, dass Züge in Richtung Düsseldorf/Essen durch Züge nach Köln ersetzt werden, „um mehr Platzkapazitäten zu schaffen“, kommt einer Beschönigung gleich. ICE mit Endbahnhof Köln sind in Siegburg bei mindestens sieben Zügen des SPNV pro Stunde und Richtung vollkommen irrelevant. Bedenklich stimmt auch der Wegfall vieler Direktverbindungen nach Süddeutschland, zumal in Kenntnis der derzeitigen Betriebssituation, bei der fahrplanmäßige Anschlüsse oft nicht mehr als ein Lotteriespiel sind.

 

Wir haben keinerlei Verständnis mehr dafür, dass Einwände zum jeweils neuen Fahrplan von der DB AG in den letzten Jahren stets mit Verweis auf die absolute Anzahl von Zughalten abmoderiert worden sind. Wenn die Ziele unattraktiv sind und kein Taktverkehr mehr vorhanden ist, ist die Zahl der Halte absolut zweitrangig.

 

Im Deutschland-Takt sind in Siegburg drei ICE-Verbindungen pro Stunde und Richtung vorgesehen, u.a. jeweils im Stundentakt nach Mannheim/Basel, Nürnberg/München, Essen sowie Dortmund. Uns ist bewusst, dass dieses Projekt eine Generationenaufgabe ist. Ein Fahrplanwechsel, der als „Schritt zum Deutschland-Takt“ bezeichnet wird, sollte sich aber zumindest auch in diese Richtung bewegen. Konkret fordern wir daher für den ICE-Bahnhof Siegburg/Bonn die kurzfristige (Wieder-)Herstellung der folgenden Verbindungen:

  1. Stündlicher Systemhalt der ICE-Linie 41 Dortmund Hbf – Düsseldorf Hbf – Köln Messe/Deutz – Frankfurt (Main) Hbf – Nürnberg Hbf – München Hbf anstelle der aktuell unsystematischen Halte zur Schaffung eines nachfragegerechten und attraktiven Grundangebotes nach Bayern, Frankfurt, Düsseldorf und ins Ruhrgebiet
  2. Wiederherstellung der etablierten stündlichen ICE-Verbindung von und nach Mannheim Hbf mit ebenfalls stündlicher Weiterführung bzw. bahnsteiggleicher Korrespondenz sowohl in Richtung Karlsruhe/Basel als auch Stuttgart/München, indem auf den ICE-Linien 42/43 entweder wieder 300 km/h-fähige ICE eingesetzt werden, oder aber indem mit den langsameren ICE 4 in Köln der Bahnhof Messe/Deutz anstelle des Hbf bedient wird
  3. Zusätzliche Verbindungen von und nach Frankfurt (Main) Hbf in den Hauptverkehrszeiten nach Bedarf, mit der mittelfristigen Zielvorgabe von zwei Fahrten pro Stunde und Richtung annähernd halbstündlich versetzt
  4. Wiederherstellung eines merkbaren Taktfahrplans

 

Sehr geehrter Herr Dr. Lutz, der Bahnhof Siegburg/Bonn ist nicht irgendein Haltepunkt, sondern dient dem Fernverkehrsanschluss einer wirtschaftsstarken Wachstumsregion mit etwa einer Million Einwohnern im Herzen Europas. Wir hoffen sehr darauf, dass das ICE-Angebot dieser Bedeutung möglichst bald wieder gerecht werden kann.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

gez.

Dr. Torsten Bieber           Ingo Steiner       Denis Waldästl                  Christian Koch

Oliver Krauß                      Horst Becker     Dietmar Tendler              Dr. Friedrich-Wilhelm Kuhlmann