Die Fraktionen des Kreistages des Rhein-Sieg-Kreises und der Stadt Bonn sind in höchstem Maße beunruhigt und besorgt über die Pläne und Absichten des Bundesministers der Verteidigung, das Bundesverteidigungsministerium, das seinen ersten Dienstsitz in Bonn hat, ganz oder in Teilen von Bonn nach Berlin zu verlegen. Anlass dieser Sorge ist der Besuch des Bundesministers der Verteidigung im Bonner Rathaus am Montag, den 18. Juli 2011, bei dem er den Oberbürgermeister der Bundesstadt Bonn über seine Pläne informiert hat.
Wir appellieren an die Bundesregierung, an die Bundeskanzlerin und insbesondere an den Bundesverteidigungsminister, das Berlin/Bonn-Gesetz strikt einzuhalten. Nach dem Berlin/Bonn-Gesetz befinden sich Bundesministerien in der Bundeshauptstadt Berlin und in der Bundesstadt Bonn. Danach hatte die Bundesregierung seinerzeit festgelegt, dass sechs Ministerien, darunter das Bundesverteidigungsministerium, ihren ersten Dienstsitz in Bonn behalten.
Darüber hinaus schreibt das Gesetz vor, dass insgesamt der größte Teil der Arbeitsplätze der Bundesministerien in der Bundesstadt Bonn erhalten bleibt. In einem demokratischen Rechtsstaat muss sich eine Region auf den Bestand des Beschlusses des Deutschen Bundestages und die Einhaltung des entsprechenden Gesetzes verlassen können.
Bereits jetzt befinden sich mehr Arbeitsplätze der Bundesministerien in Berlin als in Bonn (ca. 10.000 in Berlin und nur ca. 8.000 in Bonn). Mit der Reduzierung und Verlagerung weiterer ministerieller Arbeitsplätze des Bundesverteidigungsministeriums von Bonn nach Berlin würde sich die Relation zulasten Bonns weiter erheblich verschlechtern. Dies wäre ein eindeutiger Rechtsverstoß gegen das Berlin/Bonn-Gesetz.
Bonn und die Region müssen darüber hinaus den Weggang und Umzug weiterer Bundesministerien von Bonn nach Berlin befürchten, obwohl die Region auf den Erhalt der Ministerien mit ihren jeweiligen Politikbereichen zwingend angewiesen ist. Die unterschiedlichen politischen Arbeitsbereiche der Ministerien sind Voraussetzung für den Sitz zahlreicher Verbände und Institutionen, der auch mit Ausgleichsmitteln des Bundes geförderte Strukturwandel und die Zukunftsstruktur der Stadt und der Region bauen auf diese Politikbereiche auf.
Bei der Frage des Verbleibs oder Wegszugs der Bundesministerien handelt es sich deshalb um eine für die Region existenzielle Frage. Der Bund ist nach wie vor der mit Abstand größte und bedeutendste Arbeitgeber in der Region Bonn. Bei einer Verlagerung der Bundesministerien würden in der Region nicht nur die ministeriellen Arbeitsplätze selbst, sondern auch viele Arbeitsplätze in Verbänden/Institutionen und in der Wirtschaft verloren gehen. Insgesamt würde die Region Bonn rund 30.000 Arbeitsplätze verlieren.
Insofern sind wir verpflichtet, mit allen uns zustehenden rechtlichen und politischen Möglichkeiten für den Bestand und Erhalt der Bundesministerien in Bonn zu kämpfen, insbesondere auch zur Erhaltung der entsprechenden Arbeitsplätze für unsere Bürgerinnen und Bürger und deren Familien.
Wir bitten die Bundestagsabgeordneten der Region dringend, sich in diesem Sinne im Bundestag und auch gegenüber der Bundesregierung einzusetzen. Es sollte nicht sein, dass die Ressortinteressen eines einzelnen Bundesministeriums das Gesamtgefüge des Beschlusses des Deutschen Bundestages vom 20. Juni 1991, nämlich die dauerhafte faire Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin, gefährdet.