Resolution gegen eine Zuständigkeitsverlagerung des Personenkreises U25 aus dem SGB II in das SGB III und für eine auskömmliche Mittelausstattung der Jobcenter

Sehr geehrter Herr Landrat,
lieber Sebastian,

die Fraktionen von CDU, GRÜNE und FDP beantragen zum nächsten Kreisausschuss:

„Der Kreisausschuss beschließt die nachfolgende Resolution gegen eine Zuständigkeitsverlagerung des Personenkreis U25 aus dem SGB II ins SKB III und für eine auskömmliche Mittelausstattung der Jobcenter. Der Kreisausschuss bittet den Landrat, die Resolution an den Bundesminister der Finanzen, Herrn Christian Lindner und den Bundesminister für Arbeit und Soziales, Herrn Hubertus Heil weiterzuleiten. Darüber hinaus wird der Landrat gebeten, die Resolution den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Kreisgebiet zuzusenden, mit der Bitte sich der Resolution anzuschließen oder diese durch den Rat beschließen zu lassen.“ Die Resolution mit der entsprechenden Begründung ist dem Antrag beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
gez.

Dr. Torsten Bieber Ingo Steiner             Christian Koch
Matthias Schmitz   Manuela Gardeweg Silke Josten-Schneider
Hildegard Helmes Wolfgang Haake

f. d. R. Eva Weller

Resolution gegen eine Zuständigkeitsverlagerung des Personenkreises U25 aus dem SGB II in das SGB III und für eine auskömmliche Mittelausstattung der Jobcenter

Die Jobcenter sind für langzeitarbeitslose Menschen und ihrer Familie gerade in Krisenzeiten ein Garant für gleichwertige Entwicklungschancen. Die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, die Bürgergeldreform und insbesondere der Ukrainekrieg stellen die Jobcenter immer wieder vor große und neue Herausforderungen. Eine ganzheitliche Betreuung der Familien mit einem integrierten Ansatz und eine auskömmliche Mittelausstattung sind dabei die wesentliche Basis für eine wirksame Umsetzung des sozialstaatlichen Auftrags der Jobcenter. Bei der Betreuung des Personenkreises U25 darf es keinen Paradigmenwechsel in die falsche Richtung geben.
Der Bund plant eine Zuständigkeitsverlagerung des Personenkreis U25 ins SGB III. Dazu darf es nicht kommen: Der Zuständigkeitswechsel würde die Beratung und Betreuung der Jugendlichen bei der Ausbildungssuche und der Arbeitsförderung aus einer Hand aufheben. Die Verlagerung der Menschen vom Jobcenter zur Bundesagentur für Arbeit zerstört das aktuell gut aufgestellte und mit jahrelanger Erfahrung bewährte Beratungssystem im Jobcenter mit passgenauen Angeboten für die unter 25-jährigen Hilfesuchenden. Es besteht die Gefahr, dass eingespielte Hilfesysteme entfallen, die neue Arbeitsmarktdienstleistungen der Bundesagentur für Arbeit existieren noch nicht. Für viele Jugendliche ist somit ein geregelter und passgenauer Übergang von der Schule in Ausbildung oder Arbeit nicht gewährleistet. Neue und aufwändige Schnittstellen zwischen Jobcenter und Bundesagentur für Arbeit würden die Bürokratie und die Verwaltungskosten erhöhen sowie die Abläufe zu Lasten der Jugendlichen deutlich verkomplizieren. Die ganzheitliche Betreuung der Bedarfsgemeinschaften und der Familien durch die Jobcenter würde zerschlagen. Bestehende und von den Jugendlichen akzeptierte Angebots- und Beratungsstrukturen würden
zunichte gemacht und die Zielsetzungen des erst neu eingeführten Bürgergeldes unterlaufen. Gerade die Kontaktdichte der Jobcenter sowie deren Vernetzungen und Kooperationen vor Ort im Rahmen einer intensiven Sozialarbeit für die ganze Familie sind Erfolgsfaktoren, die mit der Zuständigkeitsverlagerung verlorengingen. Daher ist die Zuständigkeitsverlagerung strikt abzulehnen und an der Verantwortlichkeit für Kundinnen und Kunden der Jobcenter, ggf. im Familienkreis als Ganzes festzuhalten. Wenn der Bund beim Haushalt der Jobcenter an der falschen Stelle spart, zahlt die Gesellschaft am Ende den doppelten Preis. Die Bundesregierung plant neben der Absenkung der Titel für Eingliederungs- und Verwaltungskosten im Jahr 2024 um 500 Mio. Euro auch eine Reduzierung der KdU-Bundesbeteiligung um 700 Mio. Euro. Diese Kürzungen müssen unbedingt unterbleiben. Für die Umsetzung des Bürgergeldes und die Betreuung langzeitarbeitsloser Menschen und ihrer Familien brauchen die Jobcenter mehr Geld und nicht weniger. Mit den für 2024 angekündigten massiven Kürzungen können die Jobcenter ihren vielfältigen Aufgaben nicht mehr nachkommen, was unabsehbare Folgen für den Sozialstaat hätte. Durch die Verlagerung von U25 zur BA werden die nicht unerheblichen Kosten für die aktiven Arbeitsmarktleistungen für diese Kundengruppe “elegant” auf die Beitragszahler/Versicherten der BA umgelenkt. Bisher gab es hier eine klare Trennung in den Leistungssystemen. Mit der Regelung würde diese umgangen und die Beitragszahler (alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten) kommen für diese Leistungen auf. Allein über das neue Bürgergeld stellen die Jobcenter derzeit für 5,7 Millionen Menschen den Lebensunterhalt sicher und eröffnen Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. Die damit verbunden zusätzlichen Aufgaben
erfordern zusätzliche auskömmliche Mittel. Werden die geplanten Kürzungen umgesetzt, können weder die betroffenen Menschen wirksam unterstützt werden, noch können weitere Arbeitskräfte für die Wirtschaft gewonnen werden Die Jobcenter benötigen auf Dauer verlässliche Rahmenbedingungen sowie angemessene finanzielle und personelle Ressourcen, um weiterhin ihren wichtigen Beitrag zur Krisenbewältigung und zu Sicherung des sozialen Friedens leisten zu können.