Resolution zur Professionalisierung des Wolfsmanagements des Landes Nordrhein-Westfalen

Sehr geehrter Herr Landrat,

die Fraktionen von CDU und GRÜNEN beantragen für die nächste Sitzung des Kreisausschusses am 19.09.2022 folgende Resolution zu verabschieden und diese an die zuständigen Ministerien des Landes Nordrhein-Westfalen weiterzuleiten:

Die Situation rund um die Ansiedlung des Wolfes nimmt im Rhein-Sieg-Kreis immer dramatischere Züge an. Ein bisher weitgehend unauffälliges Rudel (Leuscheider Rudel) hat mit dem Wolf GW1896 seit über einem Jahr einen neuen Leitwolf. Dieser Wolf ist seit diesem Zeitraum für über 50 Risse verantwortlich, bei denen über 100 Weidetiere getötet wurden. Dies zwingt immer mehr Tierhalterinnen und -halter dazu, ihre Tierhaltung deutlich um- oder sogar ganz einzustellen.

Durch die Grenzlage zum benachbarten Rheinland-Pfalz werden die Risse nicht vollständig erfasst. Jedes Bundesland betrachtet die Fälle isoliert. Aufgrund der zuletzt durch ein einzelnes Tier stark gestiegenen Fallzahlen muss gehandelt werden!

Der Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises fordert die Landesregierung und den Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen auf, das Wolfsmanagement in Nordrhein-Westfalen zu professionalisieren und die finanzielle Unterstützung für die Weidetierhalterinnen und -halter auszuweiten.

Dazu fordert der Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises das Land Nordrhein-Westfalen auf:

1. Das gesamte Wolfsmanagement, explizit die Wolfsberatung, durch unabhängige, hauptamtliche Wolfsberaterinnen und Wolfsberater zu professionalisieren und dafür die entsprechenden Gelder aus dem Haushalt für das Land Nordrhein-Westfalen bereitzustellen.

2. Das Verfahren rund um die Probenentnahme nach Rissereignissen deutlich zu verbessern. Im Vergleich zu anderen Bundesländern dauert die Veröffentlichung der dokumentierten Nachweisführung, ob es sich bei dem Verursacher des Nutztierrisses um einen Wolf handelt, bis zu fünf Mal länger. Auch die Qualität der Probenentnahmen ist im Vergleich zu anderen Bundesländern, wie beispielsweise Rheinland-Pflanz, deutlich schlechter: In Nordrhein-Westfalen lautet für den Großteil der untersuchten DNA-Spuren das Ergebnis „Falschmeldung“ beziehungsweise „fehlende Individualisierung“. Zudem ist die Reaktionszeit oftmals zu lang: Kommt eine Wolfsberaterin oder ein Wolfsberater erst am Folgetag des Rissereignisses oder später, ist die entnommene DNA-Probe häufig nicht mehr aussagekräftig. Der Grund hierfür ist in erster Linie, dass Vorgänge dieser Art in Nordrhein-Westfalen von ehrenamtlichen Wolfsberaterinnen und Wolfsberatern übernommen werden, anstatt von hauptamtlichem Personal.

3. Die grundsätzliche finanzielle Förderkulisse des Landes Nordrhein-Westfalen zum Schutz von Weidetieren in Wolfsgebieten auszuweiten: Auch für den Schutz von Kameliden (Alpakas und Lamas) sowie Rindern und (Klein-)Pferden sollte es finanzielle Förderungen geben. Des Weiteren fördern andere Bundesländer, beispielsweise Rheinland-Pfalz, die Aufstellung eines Herdenschutzzauns durch ein Fachunternehmen oder es kann die eigene erbrachte Leistung seitens des Weidetierhalters geltend gemacht werden. Auch der Unterhalt der Herdenschutzzäune, das Freischneiden von Bewuchs sowie das Umsetzen sollten seitens des Landes Nordrhein-Westfalen finanziell unterstützt werden.

4. Die Vorgaben der finanziellen Förderung des Landes Nordrhein-Westfalen für Herdenschutzhunde anzupassen: Gegenwärtig setzt die Förderung erst ab 100 Weidetieren ein. Zudem müssen die Weidetierhalterinnen und -halter auch bei den jährlich anfallenden Unterhaltungskosten der Herdenschutzhunde besser seitens des Landes Nordrhein-Westfalen unterstützt werden; Futter und Tierarztbehandlungen kosten bis zu 3.500 € pro Jahr.

5. Die Bearbeitungszeit und die Bewilligung gestellter Förderanträge seitens der Landwirtschaftskammer NRW deutlich zu verkürzen sowie das Verfahren rund um die Antragsstellung zu vereinfachen, um auch dadurch das Risiko eines Wolfsrisses zu minimieren.

6. Den Begriff des „wirtschaftlichen Schadens“ nach einem Wolfsangriff neu zu definieren. Sobald ein Wolf in eine Herde eingedrungen ist, hat dies massive körperliche Folgen und Verhaltensänderungen für die verbliebenen Tiere.

7. Länderübergreifende Kooperationen zu initiieren beziehungsweise auszubauen: Das sogenannte „Leuscheider Rudel“ beispielsweise lebt sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in Rheinland-Pfalz. Hier erscheint eine zielgerichtete Zusammenarbeit der beiden Bundesländer effizient und zielführend.

8. Eine entsprechende Bundesratsinitiative zur Begrenzung der Wolfspopulation einzuleiten und den europäischen Standards anzupassen.

Mit freundlichen Grüßen
gez.
Dr. Torsten Bieber Ingo Steiner
Monika Grünewald Lisa Anschütz