Ärztliche Versorgung im Rhein-Sieg-Kreis

An den Vorsitzenden des
Ausschusses für Inklusion und Gesundheit
Herrn Matthias Schmitz

25.07.2022

Sehr geehrter Herr Schmitz,

der Ausschuss für Inklusion und Gesundheit hat sich in seiner Sitzung am 05.05.2022 u. a. mit dem Thema „Ärztliche Bedarfsplanung im Rhein-Sieg-Kreis“ beschäftigt. An der Sitzung hat auch Herr Dr. Johannes Martin von der Stabsstelle Gesundheitspolitik der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein teilgenommen.
Herr Dr. Martin berichtete (vgl. auch seine Präsentation), dass der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Ende 2019 den Versorgungsgrad im Bereich der hausärztlichen Versorgung von grundsätzlich 110%, befristet für drei Jahre, auf 100% gesenkt hat. Ziel der Maßnahme sei gewesen, die Planungsgebiete, die z. T. deutlich unter 100% lagen, durch eine Umsteuerung besser zu versorgen. Dafür sollten in allen anderen Planungsgebieten durch die abgesenkten Zielzahlen Arztsitze für Hausärzte, befristet für drei Jahre, nicht nachversorgt werden.

Bezogen auf den Rhein-Sieg-Kreis bedeute dies, dass die momentan noch geltende 100% Quote zu fünf offenen Niederlassungsmöglichkeiten für Hausärzte im Kreisgebiet führt. Perspektivisch zeigen unsere Berechnungen für die Zeit nach dem Ablauf der Dreijahresfrist zum Jahresende 2022, dass die Wiedereinführung der 110% Quote zu einer Anzahl von 18-20 offenen Niederlassungsmöglichkeiten für Hausärzte führen wird.
Hierauf gilt es sich vorzubereiten. Vor dem Hintergrund, dass die KVNO einen Sicherstellungsauftrag hat, um die in dem Bedarfsplan unter Punkt 2.5 definierten Ziele (vgl. Bedarfsplan zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in Nordrhein, KVNO, Stand 06.05.2021, https:// www.kvno.de/fileadmin/shared/pdf/online/amtliche_bekanntmachungen/2022/20220110_be-darfsplan.pdf) zu erreichen, beantragt die Koalition aus CDU und GRÜNEN:

1) Die Kreisverwaltung wird beauftragt sich mit der KVNO im Rahmen eines schriftlichen Verfahrens zu verständigen.
2) Dabei ist zu erfragen, welche Anzahl an offenen Niederlassungen für Hausärztinnen und Hausärzte sich zum Jahreswechsel 2022/23 im Rhein-Sieg-Kreis ergeben wird.
3) Vor dem Hintergrund, dass der Bedarfsplan unter Punkt 2.5 Absatz 3 eine vorausschauende Planung vorsieht, sollte geklärt werden, welche Maßnahmen die KVNO bereits getroffen hat oder welche Maßnahmen diese beabsichtigt kurzfristig zu treffen, um den neuen Bedarf zeitnah zu decken.
4) Auch sollte erfragt werden, inwiefern die KVNO davon ausgeht, dass die sich ergebenden Bedarfe zeitnah gedeckt werden können und welche (realistischen) Zeitziele sich hierfür ergeben.

Begründung:

Uns ist bekannt, dass die Gewinnung von Praxisärztinnen und -ärzten generell und insbesondere in ländlich geprägten Gebieten zunehmend schwieriger wird. Andererseits ist festzustellen, dass es schon heute im Zuzugsgebiet Rhein-Sieg-Kreis schwer ist, einen Hausarzt zu finden, der bereit ist und die nötigen Kapazitäten frei hat, um neue Patientinnen und Patienten aufzunehmen – hier haben wir schon von vielen Ablehnungen gehört. Der Rhein-Sieg-Kreis als Zuzugsregion und die sich deutlich ändernde Demographie der Bevölkerung verschärfen die Situation absehbar zunehmend. Darüber hinaus ist uns auch bekannt, dass sehr viele Hausärztinnen und Hausärzte im Rhein-Sieg-Kreis in den nächsten Jahren aufgrund ihres Alters ihre praktische Tätigkeit aufgeben wollen und im selben Zuge oftmals auch ihre Praxis schließen. Das Durchschnittsalter der Hausärztinnen und Hausärzte im Kreis beträgt 55 Jahre und 14% der Hausärzte sind bereits der Alterskategorie 65-plus zuzuordnen.

Es gilt für alle Beteiligten, die Anstrengungen zu erhöhen, um die definierten Versorgungsziele zu erreichen. Wir wollen uns dieser Verantwortung stellen und das unsrige dazu beitragen, dass die Einwohnerinnen und Einwohner im Rhein-Sieg-Kreis auch weiterhin eine bedarfsorientierte haus-ärztliche Versorgung erhalten und dabei nicht hinter der Versorgungssituation von Menschen in Großstädten wie Bonn zurückstehen müssen.

Mit freundlichen Grüßen
gez.
Dr. Torsten Bieber Ingo Steiner
Andreas Sonntag Gerlinde Neuhoff