Erstellung eines Frauen- und Kinderschutzkonzeptes

27.10.2023

Erstellung eines Frauen- und Kinderschutzkonzeptes

Sehr geehrte Frau Ruiters,

die Fraktionen von CDU und GRÜNEN beantragen für die kommende Sitzung des Ausschusses für Soziales und Integration am 23.11.2023, die Verwaltung mit der Erstellung eines Frauen- und Kinderschutzkonzeptes bis zum Frühjahr 2024 zu beauftragen.
In diesem Konzept sollen realistische Handlungsoptionen, vor dem Hintergrund der zeitlichen Umsetzbarkeit, dargestellt und gegebenenfalls bewertet werden, die für eine Optimierung und Ausweitung des Frauen- und Kinderschutzes im Rhein-Sieg-Kreis zur Verfügung stehen. In diesem Kontext ist auch das bundespolitische Vorhaben der Regelfinanzierung von Frauenhäusern einzubeziehen, das Konzept soll jedoch bereits jetzt regionale Aspekte und Chancen ausloten, um den Zeitraum bis zur Umsetzung der Regelfinanzierung zielführend und im Sinne der Zielgruppe nutzen zu können.

Bestandteil des Konzeptes sollten nach unseren Vorstellungen u. a. folgende Aspekte sein:

  • Verkürzung der Aufenthaltsdauer in den Schutzeinrichtungen für Frauen und Kinder
  • Schaffung niederschwelliger regionaler Schutzplätze
  • Erhöhung/Optimierung der Zahl der Schutzplätze im Rhein-Sieg-Kreis

Begründung:
Die Situation von Frauen in Not ist ein wachsendes gesellschaftliches Problem. Notleidende Frauen werden dabei in den meisten Fällen von ihren Kindern begleitet. Das von CDU/GRÜNEN beantragte und vom Ausschuss einstimmig beschlossene Gutachten über die Hilfeleistungen des Rhein-Sieg-Kreises für „Frauen in Not“ hat in der Summe ein alles überragendes und dominierendes Problem in den Vordergrund gestellt: Den dramatischen Mangel an Wohnraum für Frauen und Kinder in Not. Die Wohnungssuche stellt die Betroffenen in den beiden Frauenhäusern im Rhein-Sieg-Kreis häufig vor eine nahezu unlösbare Herausforderung: Eine Anschlusswohnung wird kaum gefunden – mit weitreichenden Folgen für die Verweildauer in den beiden Frauenhäusern. Ein nicht unerheblicher Teil der betroffenen Frauen und Kinder verbleibt viele Monate bis zu einem Jahr in den Schutzhäusern und damit deutlich über den grundsätzlich erforderlichen Zeitraum hinaus. Dies gilt vor allen Dingen dann, wenn sie mit mehreren Kindern eine Wohnung suchen. Für den Zeitraum der Wohnungssuche verbleibt die Familie dann in dem Frauenhaus – eine Entlassung in die Obdachlosigkeit muss unter allen Umständen verhindert werden. In der Folge werden die vorhandenen Räumlichkeiten für Menschen ohne akuten Schutzbedarf benötigt und es stehen keine Ressourcen für akut schutzbedürftigen Personen zur Verfügung.
Daher sehen wir vor allen Dingen die Optimierung des Aufenthaltes in den Frauenschutzeinrichtungen als entscheidenden Hebel, um mehr betroffenen Frauen und Kindern Schutz bieten zu können. Selbstredend ist, dass keine Frau und kein Kind ohne Perspektive auf eine Anschlusswohnung das Frauenhaus verlassen sollte. Hier soll ein etablierter Prozess mit einzelnen oder mehreren größeren  Wohnungsbaugesellschaften im Rhein-Sieg-Kreis eine mögliche Option sein, um Frauenhausbewohnerinnen und ihre Kinder schneller mit adäquatem Wohnraum zu versorgen. Mitunter erhalten die Frauenhäuser auch Hinweise und Anrufe von Frauen, deren Situation zwar ein Herauslösen aus der bestehenden Wohn- und Beziehungssituation erfordert, einen Aufenthalt im Frauenhaus aber nicht unbedingt als zwingend oder notwendig erscheinen lässt. Hier können auch niederschwellige Alternativen im Sinne von Schutzwohnungen eine Lösung sein, wie sie beispielsweise in der Stadt Hennef seit einigen Jahren für Frauen sowie für Männer vorgehalten werden. Eine Ausweitung eines solchen oder vergleichbaren Angebotes könnte – ergänzend zu den o.g. Aspekten – den Druck auf die bestehenden Frauenhausplätze etwas lindern und dringend schutzbedürftigen Frauen und Kindern die Gewährung von Schutz im Frauenhaus ermöglichen.
Das Konzept der Verwaltung soll daher die Erfahrungswerte aus Hennef aufnehmen und eine Umsetzbarkeit in verschiedenen Kommunen des Kreises beleuchten. Wichtig ist hier, dass die untergebrachten Menschen sozialarbeiterisch betreut werden. Auch Schutzwohnungen sind eine vorübergehende Unterbringungsmöglichkeit. Durch eine begleitende Beratung müssen individuelle Lösungen mit den Betroffenen erarbeitet werden. Neben den immer wieder diskutierten Ideen für ein weiteres Frauenhaus im Rhein-Sieg-Kreis, welches aber noch vor aktuell völlig unklaren finanziellen Herausforderungen stünde, wäre zur kurzfristigen Erhöhung der Schutzplätze für Frauen und Kinder in Not auch eine räumliche, gegebenenfalls modulare, Ausweitung der bestehenden Frauenhäuser im Rhein-Sieg-Kreis eine denkbare und möglicherweise schneller und einfacher zu realisierende Option, die es zu prüfen gilt.
Die Schaffung eines neuen Standortes ist immer mit mehr Ressourcen verbunden als die Erweiterung bestehender Frauenhäuser. Das Verwaltungskonzept soll diesen Aspekt berücksichtigen und entsprechende Verfahrensvorschläge beinhalten.
Die aufgezeigten Lösungsansätze erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, machen aber deutlich, dass der bundesweit bestehende Mangel an Frauenhausplätzen nicht allein und vor allem nicht kurzfristig durch die Gründung weiterer Frauenhäuser allein im Rhein-Sieg-Kreis zu lösen ist.
Der Knappheit muss mit vielfältigen Lösungsansätzen, die auch losgelöst vom Bundesvorhaben einer Regelfinanzierung von Frauenhäusern umgesetzt werden können, begegnet werden, um hier kurzfristig Abhilfe zu schaffen. Eine besondere Herausforderung bildet hierbei die Problematik des
Anschlusswohnens nach dem Frauenhausaufenthalt, die es kreisweit zu lösen gilt.