Glosse: Wie kommen eigentlich Verspätungen zustande?

Wer kennt es nicht, dass alltäglich Szenario an der Bushaltestelle. Ein leer anmutender Bus fährt vor und doch niemand kommt in den Bus rein. Alles steht im Bereich der Türen und nur widerwillig werden Millimeter des erbeuteten Terrains abgegeben. Der Fahrer und die einsteigende Fahrgäste versuchen sich vergebens mit Hinweisen: „Geht doch mal durch“ oder „bitte nach hinten aufrücken“. Und wenn dann unter bösen Blicken Platz gemacht wird, dann maximal 30 Millimeter. Interessant ist auch die Erkenntnis, dass die Regelung vorne Einsteigen und hinten Aussteigen nicht dazu führt das die Fahrgäste auch nach hinten durchgehen. Was verständlich wäre weil, da ist ja dann der Ausstieg.

Weiter geht es dann zum Zug am Mehlemer Bahnhof, wo dann natürlich durch zahlreiche Verspätungen die Zeit wieder knapp ist und alles – in der Regel bei Rot – über die 4-spurige B9 stürmt um den herannahenden Zug noch zu bekommen. Und wieder fährt ein leer anmutender Zug ein. Was am Bus an zwei Türen stattfand, erfährt am Zug eine Steigerung und findet an zehn Türen statt. Ergebnis Nr. 1: Wieder quälen sich die Fahrgäste an den um ihr Revier kämpfenden Fahrgästen vorbei. Ergebnis Nr. 2: Wieder einmal Verspätung.

Am Bonner Hauptbahnhof angekommen nun der Run zur 66, vielleicht kriegen wir sie ja noch. Und tatsächlich, der erste schafft es, den Fuß in die Tür zu bekommen und jetzt sammelt sich eine große Traube vor der Tür. Weil die Bahn ja gerade abfahren wollte, bleiben die anderen sieben Türen natürlich geschlossen und die sich stetig vermehrenden Fahrgäste müssen durch die eine Tür in die Bahn. Und nun raten Sie mal was passiert:  Fuß rein, ja ich bin drin und stehen bleiben. Ruck Zuck ist der Eingang voll und auch wenn die restliche Bahn fast leer ist, wir bleiben natürlich direkt an der Tür stehen. Gut, in diesem Wagen sind noch drei weitere, wo wir wieder aussteigen könnten. Aber das ist egal, es gilt die Devise „nur nicht zu weit von der Tür entfernen!“

Warum das so ist, wollten wir über Google in Erfahrung bringen. Aufklären könnte die im Internet kursierende Diskussion ob der Mensch nun ein Flucht- oder ein Raubtier ist. Das Raubtier Mensch, was immer zum Sprung bereit sein möchte seine Beute zu schnappen, sich versucht strategisch gut zu positionieren und dabei die erfolgreiche Jagd um ein paar Quadratzentimeter Stellfläche gewinnt. Oder ist es das Fluchttier, das immer nahe bei der Tür sein möchte um bei Gefahr direkt durch die Tür zu flüchten? Oder ist es gar eine Kombination: Der Jagdtrieb nach der Fläche und dann der Fluchtwunsch?

Doch es gibt sicherlich auch noch andere Thesen: Das Kontaktbedürfnis, das Vermeiden unnötiger Bewegung oder auch nur die Trägheit der Masse die insbesondere am frühen Morgen stark ausgeprägt scheint. Doch was bedeutet dieses Phänomen für die Fahrzeughersteller? Wir brauchen gar nicht so viele Sitzplätze in den Fahrzeugen sondern besser sind Türen und Eingangsbereiche.

Von Ingo Steiner,
Stellvertretender Fraktionsvorsitzender
GRÜNE Kreistagsfraktion Rhein-Sieg

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